Peter Weiss und der Film
Wer diesen Artikeln folgt, weiß es bereits: Peter Weiss war nicht nur Schriftsteller und Maler, sondern auch Filmemacher. Zwischen 1952 und 1962 konzipiert, schreibt, dreht, schneidet und produziert er sechs Experimentalfime, fünf Dokumentarfilme (teils im Auftrag) und zwei Filme in Spielfilmlänge.
Viele verschiedene Gründe führen ihn zu diesem Ausdrucksmedium. So verweigert Peter Weiss nach seiner Ankunft in Schweden u.a. die deutsche Sprache, da er sich komplett in der neuen Heimat assimilieren und von Deutschland abgrenzen möchte. Eine sprachenlose Ausdrucksmöglichkeit findet er vor allem in der Malerei, in Collagen und später im Film. Zudem unterzieht sich Weiss erstmalig Psychoanalysen und begeistert sich zunehmend für den Surrealismus, der sich gut auf die Leinwand übertragen lässt.
1949 wird „Rotundan – Der Turm“ als Hörspiel aufgeführt, das deutlich filmische Mittel einsetzt. Die großen Themen dieser Arbeit sind die Befreiung und Auseinandersetzung mit Weiss‘ eigenen Familiengeschichte und Trauma. Auch das Verhältnis zwischen Traum und Wirklichkeit, ganz im Zeichen der Psychoanalyse, findet sich wiederholt in Weiss‘ Werken dieser Zeit. Während Weiss selbst sich autodidaktisch die Grundlagen zur filmischen Arbeit aneignet, unterrichtet er an der Stockholmer Volkshochschule „Filmtheorie und -praxis“.
1952 tritt er dem zwei Jahre zuvor gegründete „Svensk Experimentalfilmstudio“ bei und gehört später zu der Arbeitsgruppe „för film“. Mithilfe dieses Zusammenschlusses ermöglicht sich Weiss die Produktion eigener Filme. Auf diesem Weg erhält er kostengünstig technisches und filmisches Material, das er sich ansonsten nicht hätte finanzieren können. Beeinflusst sind Weiss kurze Experimentalfilme vor allem von Luis Buñuel und Salvador Dalí. Später entstehen Dokumentarfilme, die Weiss‘ Entwicklung zum Politischen und Kritischen zeigen. Unter anderem dreht er einen Dokumentarfilm über Obdachlose in Stockholm, der ohne jegliche Dialoge oder Audiokommentare auskommt und allein durch die Wahl der Kameraführung und des Schnitts seine eindrucksvolle Wirkung entfaltet. 1957 widmet sich Peter Weiss einem Filmprojekt über Jugendliche im Gefängnis, das aufgrund seiner Bildgestaltung als kritischer Kommentar am bestehenden Justizsystem des Landes gesehen werden muss.
1956 erscheint sein Buch „Avantgardefilm“ in Schweden; 1995 folgt die Übersetzung ins Deutsche. Weiss erläutert darin die Geschichte des experimentellen Films und spannt den Bogen bis zu seinen eigenen Werken.
Eine Auswahl von Peter Weiss‘ Filmen wird bei Festivals im Ausland gezeigt und von der Kritik gelobt, dennoch erreichen sie kein großes Publikum. Als 1960 „Der Schatten des Körpers des Kutscher“ im Suhrkamp Verlag erscheint, begründet sich der Anfang seines schriftstellerischen Erfolgs in Deutschland. Und damit auch das Ende seines Wirkens als Filmemacher.